Schmutzige Filme
Der Blick durch die Klobrille
Ich sprang auf und rannte ins Bad. Der einzige Ort im Bunker ohne Internet, Lautsprecher, Monitore. Nicht mal Comics oder Zeitungen hatten sich auf das Scheißhaus eingeschlichen. Ein stilles Örtchen, wie es im Buche stand, wie geschaffen fürs Abtauchen.
Ich vermied den Blick in den Spiegel, ein glatzköpfiger, verquollener, langsam verrottender Kerl mit grauem Bart hätte mich angestarrt. Ein Anblick, der mich jedes Mal verstörte, ich sah doch ganz anders aus: straffes Gesicht, glatte Haut, wohlgeformte, prächtige Augen und dichtes, schwarz-rot gefärbtes Haar, das in alle Richtungen vom Kopf abstand.
Es sprach vieles dafür, daß mich der Spiegel verarschte; falls ich mich irrte, wäre das Monster, das mich daraus anglotzte, gut beraten, die Öffentlichkeit zu meiden. Keine Liebe für Zombies!
Ich gehörte nicht in diese Zeit. Meine Heimat waren die 80er. Kein Internet verschlang unsere Aufmerksamkeit, wir schrieben Briefe und telefonierten mit Geräten so schwer, daß sie zur Selbstverteidigung taugten. Wir onanierten in Sexheftchen aus Papier, nicht auf Monitore.
Helmut Kohl und Ronald Reagan? Atomraketen? Scheiß drauf! Scheiß auf alles! Besonders, wenn es um die unbewiesenen Langzeitfolgen von Bier, Schnaps und Zigaretten ging. Es würde nie Zukunft werden, sondern immer Gegenwart bleiben!
Ich will zurück! Jetzt! Auf der Stelle!
Ein eher armseliger, debiler Wunsch. Ich wurde nicht postwendend in die Vergangenheit zurückbefördert, wie auch? Diese paradiesischen Zeiten waren vorbei.
Beim nächsten Mal wird dir das nicht passieren, flüsterte es in meinem Kopf. Alles nur ein Spiel, bei dem du eine Runde verkackt hast. Eines Tages würde ich als knackiger Frischling einen neuen Anlauf starten. Nur Geduld!
Aber vielleicht mußte ich gar nicht so lange durchhalten. Ich hatte da eine Idee. Bloße Spinnerei, klar, aber ich wollte es versuchen. Bei einem Schlag ins Wasser bliebe noch Plan B. Die harte Variante. Die ging immer – Bomben, Granaten, Element, Potzblitz, Donnerwetter Sapperment noch mal!
Ich setzte mich also aufs Klo, die Dinge nahmen ihren Lauf und rauschten abwärts. Das ging auf dem Hintern besser als stehend, denn die Wampe hätte mich sonst in eine eher krumme Haltung gezwungen, der gelbe Strahl wäre nicht sicher in der Schüssel gelandet. Jeder danebengegangene Spritzer hätte die nächste Kloreinigung vorgezogen – eine Aufgabe, die ich eh ständig auf morgen verschob. Arbeit ist scheiße war seit jeher mein Credo, und das galt besonders, wenn Arbeit bedeutete, übergewichtig auf dem Boden herumzurutschen und Exkremente aus der Schüssel zu schrubben. Tja. Früher hatte ich überschüssige Energie, heute nur überflüssiges Gewicht.
Ich werde abnehmen, redete ich mir ein. Dann wäre ich wieder fit und spränge wie ein Reh über Stock und Stein! Ich mußte es nur wollen!
Daß ich mir den Kopf über solchen Mist zerbrach, darüber kann ich heute nur lachen. Ich weiß nicht einmal mehr, wo die Waage geblieben ist, auf die ich mich früher mehrmals täglich stellte.
In diesem Moment jedoch standen andere Dinge auf dem Zettel. Ich schloß die Augen, öffnete den Mund und ließ meinen Kopf in den Nacken fallen. Brauchte ein Totalegal-Gefühl, wie kurz vor dem Einschlafen. Damit mich die Zeitreisekraft packen und aus der Gegenwart herausreißen konnte. Um mich zum Anfang zurückzuschleudern, nach Wuppertal, in mein Leben als Peter Altenburg.
Ich fiel in einen Abgrund, vermochte mich nirgendwo festhalten, nicht einmal an Gedanken – das war der Sinn der Sache!
Unvermittelt sitze ich nicht mehr auf der Brille, sondern in einem Sessel. Ertaste rauen, gemusterten Stoff. Links und rechts Holzlehnen mit einem Geflecht, an dem meine Finger entlangrattern. Übergangslos verwandelt sich der Sessel in eine Blechwanne. Ich werde gewaschen, von meiner Mama. Das ist schön, besonders am Pillermann. In der Hand Henne Berta. Viele Schnitte und Überblendungen. Auf der Straße ein Mix aus Schnee und Dreck. Autos mit wuchtigen, geschwungenen Formen. Der Fernseher und seine flimmernden Bilder, toll!
Jemand schiebt mich im Kinderwagen durch die Stadt. Alles wirbelt durcheinander, bis die Schwebebahn oben auf den Schienen fährt, nicht darunter, wie es sich gehört.
Die Achterbahnfahrt will nicht enden, ich juble, fürchte mich, habe keine Worte für die Zilliarden Dinge, die atmend und singend ineinanderfließen.
Ein Cut. Massig Schwarz, geht wohl über ein paar Monate.
Als es wieder hell wird, hocke ich mit meinem Vater auf dem Boden des Wohnzimmers. Mit der Hand führe ich die Hülle einer Streichholzschachtel an einem Bindfaden entlang. Der ist zwischen zwei Stühle gespannt und dient als Schiene einer imaginären Schwebebahn. Ich bewege die Schachtel – die Schwebebahn! – vorsichtig hin und her, genieße den Zauber meiner eigenen Welt. Beginne zu begreifen. Ich und mein Papa lachen. Er nimmt einen Schluck aus der Bierflasche.
Das Wohnzimmer weicht ernsten Gesichtern, die auf mich einreden. Ich sitze zusammen mit anderen Kindern im Speisesaal des Ferienheims Gachau. Nonnen schieben gigantische Töpfe auf Rädern die Tischreihen entlang und füllen unsere Teller.
Ich will nicht essen. Eine Frau und ein Mann greifen meine Hände, links und rechts. Sie führen mich in ein anderes Zimmer, ich muß mich auf einen Stuhl Platz nehmen.
Der Mann schüttet mein Essen in eine Maschine. Kartoffeln, Salat und Fleisch sausen hinein, heraus fließt ein gelblicher Brei mit grünen Fetzen.
Die Frau hält einen vollen Löffel vor meinen Mund, ich presse die Lippen zusammen, obwohl ich lieber schreien möchte. Dafür brüllt der Mann umso lauter, schlägt mir ins Gesicht, einige Male. Solange, bis ich den Mund öffne und die Frau Löffel für Löffel des Breis in mich hineinschaufeln kann. In meinem Rücken der Mann, der mich mit beiden Händen festhält, bis der Teller leer ist.
Ich versinke in einem Nebel aus Tränen, Ekel, Schmerz und Hilflosigkeit und drücke vor Wut eine Kackwurst in die Unterhose. Es stinkt, der Mann wird noch wütender.
Während ich versuche, die Welt zu sortieren, in die mich die Zeitreise verfrachtet hat, beginnt das Holodeck zu flackern. Angriff der Borg oder so. Captain Picard muß auf die Brücke, zurück in die Gegenwart. Der Blick in die 60er weicht einem winzigen Kinosaal, ohne Abspann werden im Eiltempo die Lichter aufgeblendet, der Vorhang schließt sich. Ein Platzanweiser, der wie Udo Lindenberg aussieht, schnauzt mich an: »Hau ab, aber schnell! Das is hier ’n Kino und kein Pennerhotel!«
In der Ferne klingelt ein Telefon.
Als ich die Augen öffnete, saß ich nicht auf einem Kinostuhl, sondern der Klobrille. Der Wachtraum zerplatzte. Ich hatte nur Löcher in die Luft geglotzt, war dem Ausbruch keinen Schritt nähergekommen. Kein Neustart, gar nichts.
Das Telefon hörte nicht auf zu klingeln; ich schüttelte mich ab, zog die Hose hoch und stolperte benommen ins Büro.
Ich wappnete mich für einen Angriff Bergers und überlegte schon, das Klingeln zu ignorieren, als ein Blick aufs Display die Alarmglocken verstummen ließ. Ich kannte die Nummer, griff das Handy, klick, meine Mutter war dran. Sie rief gerne um diese Zeit an.
»Guten Morgen, Peter. Hast du Besuch, störe ich?«
»Morgen.« Sie wäre niemals auf die Idee gekommen, mich ›Karl‹ zu nennen. Na ja, sie war meine Mutter. Meinen Punk-Spitznamen hatte sie von Anfang an ignoriert. »Nein, du störst nicht. Ist nur der Fernseher. Ich bin allein.«
»Habe ich dich geweckt?«
»Wann hast du mich das letzte Mal geweckt? Mit fünfzehn? Außerdem ist es bald neun.«
»Ist alles gut bei dir? Hasse Arbeit?«
»Ja. Wie immer.«
Das ging glatt über meine Lippen. Oh Mama, warum stellst du solche Fragen? Der Job … mußt du mich daran erinnern? Ich hatte keine Ahnung, ob ich jemals wieder eine Codezeile gebacken bekam. Die Kohle wurde langsam knapp, weil ich seit Monaten nichts Brauchbares ablieferte. Für einen Freiberufler tödlich.
»Was ist mit deinem Buch?«, bohrte sie weiter. »Wir sind ja alle ganz gespannt. Irgendwann mußt du ja mal zu Potte kommen. Wir wollen das noch erleben!«
Da hatte sie mich am Haken. Seit Jahren erzählte ich davon, ein Buch zu schreiben. Und wenn es mir eines Tages gelingen sollte, das Gewirr aus Erinnerungen, Verpflichtungen, Rücksichtnahmen und Gefahren zu entflechten und so weit zu ordnen, daß sich damit eine Geschichte erzählen ließ, dann würde meine Mutter ihr Buch kriegen. Aber noch war es nicht soweit, da mußte ich lügen.
»Bis Jahresende bin ich fertig. Ist ’ne Menge Arbeit.«
Mannomann, wie ich mich schämte! Und kippte Benzin ins Feuer: »Ich sitze gerade jetzt dran und habe noch die eine oder andere Frage zu deiner Kindheit in Lünnerode. Du hörst von mir in den nächsten Tagen. Ich rufe dich an.«
Don’t call me, I’ll call you. Ob sie merkte, daß ich versuchte, sie durch die Blume abzuwürgen?
Ich ging auf Nummer sicher: »Hast du sonst noch was auf dem Herzen? Ich muß jetzt ein paar Dinge erledigen …«
»Eine Sache noch, ja. Ich habe mit Herrn Stracke gesprochen. Im Haus ist ab dem 1. April eine Wohnung frei. Ein Zimmer mit Bad, dritte Etage, im Mittelbau, genauso wie damals. Du mußt dich aber bald entscheiden, sonst ist sie wieder weg.«
Mir wurde heiß. Sie hatte mich beim Wort genommen und es tatsächlich getan! Vor einer Woche erst hatte ich sie gebeten, beim Vermieter ihre Fühler auszustrecken. Um der Quälerei ein Ende zu machen, die Zelte in Hamburg abzubrechen und in meine Heimatstadt zurückzukehren, nach Wuppertal. In den Klotz, in dem ich aufgewachsen war und in dem meine Mutter und ihr Mann immer noch lebten.
»Das ist ja toll, vielen Dank! Ich gebe dir nach dem Wochenende Bescheid, versprochen!«
»Tu das. Ich würde mich riesig freuen, wenn du wieder in Oberbarmen wärst. Sonst sehen wir uns ja kaum. Aber ich lege jetzt lieber auf, damit du weiterarbeiten kannst. Und ich soll dir herzliche Grüße von Siegfried ausrichten!«
Das unvermeidliche Ritual, ich sagte auch mein Sprüchlein auf: »Tschüs. Und grüß ihn zurück!«
Wir legten auf. Ich saß noch eine ganze Weile da. In mir brannten alle Schundhefte der Welt lichterloh. Es wurde ernst. Ich mußte mich entscheiden. Bald. In vier Tagen.
Ok. Ich gab mir einen Ruck. Dem ewigen Aufschieben, Grübeln und Abwägen war ein Ende gesetzt, eine Deadline könnte helfen: Entweder, ich entwickelte bis Montag einen Masterplan für den ersehnten Ausbruch, oder ich würde einen Schlußstrich ziehen. Ein neuer Anfang in Wuppertal war immerhin eine Perspektive und dem ewigen Elend vorzuziehen.
Mir wurde angst und bange bei dem Gedanken. Gleichzeitig jubelte ich über das Fünkchen Hoffnung, das in mir zu glimmen begann. Ich mußte nur Vollgas geben, damit ein hübsches Feuer daraus werden konnte.
Das Buch. Ich hatte es meiner Mutter versprochen, warum nicht heute daran arbeiten? Scheiße noch mal, irgendwie muß das Buch vom Himmel fallen! KackenkackenkackenTITTENFACK! SHIT!
Es war allerdings fraglich, ob mit meiner Schreibe ein Bestseller zu schmieden war. Einer von der Sorte, die mich aus dem Bunker heraus und in Talkshows hinein brachte. Lesereisen, Buchmesse, das ganze Programm. Das neue Leben. Jenseits von Oberbarmen allen zeigen, daß ich es noch drauf hatte und AUF KEINEN FALL DIE FRESSE HALTE!
Womit ich mir eine Menge vorgenommen hatte. Vielleicht zu viel.
Ich befürchtete schon länger, daß mir die fürs Bücherschreiben nötige Mischung aus Disziplin und Niveau fehlte. Seit meiner Kindheit ergötzte ich mich an fix hingespritzter Schundliteratur, und angesichts dieser Vorbilder vermutete ich, nur literarisches Fast Food zustandebringen zu können.
Meine erste Kurzgeschichte schrieb ich im Deutschunterricht, da war ich zwölf. Mit Sternchen als Trennzeichen für Situationswechsel in den spannendsten Momenten. So wie ich es aus den Grusel-Krimis von Dan Shocker gelernt hatte.
Ich sparte nicht mit Blut, übersinnlichen Kräften und niederträchtigem Drama. Dennoch spürte ich, daß das Ganze meiner Lehrerin trotz ihrer freundlichen Worte nicht gefiel. Das kümmerte mich nicht; ich wußte, daß ich das Zeug zum Dichter hatte. Vielleicht nicht zum Romanautor, aber eine blühende Phantasie besaß ich auf jeden Fall. Das sagten alle.
Während vor 40 Jahren meine Altersgenossen erst Micky Maus und später Superman hinter sich ließen, blieb ich bei Marvel-Comics und Heftromanen hängen. Meine Lieblingsautoren hießen Dan Shocker und K. H. Scheer, nicht Ernest Hemingway und Hermann Hesse. »Der alte Mann und das Meer« flog nach einem Dutzend Seiten in die Ecke, ich wollte härteren Stoff, von Grusel-Krimi über Perry Rhodan bis zu Vampir-Horror-Roman.
Ein Grusel-Krimi leitete meine Pubertät ein: »Draculas Liebesbiß« zeigte auf dem Cover das Antlitz des Vampirfürsten, mit aufgerissenem, blutverschmiertem Mund. »Sie schloß die Augen, als die Lippen des Mannes sie berührten. Ein süßes Gefühl der Zärtlichkeit und Erregung, Schmerz und Hingabe mischten sich zu einem unbekannten Etwas in ihrer Empfindungswelt, als Draculas Zähne sich in ihre Haut bohrten. Sie nahm den Liebesbiß Draculas mit einem leisen Aufschrei der Lust entgegen.«
Da kam mir das Mädchen in den Sinn, das mich vor Jahren auf dem Schulhof gewürgt hatte. Wie aus dem Nichts war sie vor mir aufgetaucht, dann schlossen sich ihre Hände um meinen Hals, sie drückte zu. Nur weniger Sekunden, aber es genügte, um mich in den Nächten darauf bis in den Schlaf zu verfolgen. Sie war mein Dream Girl, ich sehnte mich nach ihr.
Eines Tages werde ich darüber schreiben, nahm ich mir einige Jahre später vor. Vielleicht erkennt sich das Mädchen ja im Buch wieder. Wir verabreden uns bei Hähnchen Helmig, sitzen an der Wupper, umarmen uns – und dann beiße ich in ihren Hals und trinke Blut!
Punk zementierte spät und dennoch gerade rechtzeitig meine Vorliebe für Minderwertiges; mit Kunst und Kultur stand ich auf Kriegsfuß. Niemals wollte ich mich in monatelanger Arbeit an einem Wälzer plagen – und schraubte seit fünf Jahren daran herum!
Nicht, daß erst ein paar Seiten fertig gewesen wären, im Gegenteil. Vor ein paar Tagen erst hatte ich David den Riesenstapel ausgedruckter Texte vor die Nase gehalten, doch der hatte sich nur über mich amüsiert.
»Dein Buch ist doch längst fertig«, behauptete er. »Pack es zwischen zwei Pappdeckel, und du hast eins! Ein richtig dickes!«
Klugscheißer. Aber irgendwie hatte er recht. Ich wollte kein Buch schreiben. Ich wollte es geschrieben haben. Etwas in dieser Art hatte Stephen King mal gesagt. Der Mann kannte sich aus, ein Arschloch!
Mein ungeschriebenes Buch, das bislang nur eine Sammlung ungeordneter Erinnerungsfetzen war, lag auf dem Schreibtisch und wartete darauf, daß irgendwer die Wirrnis beseitigte. Das erste Blatt ein Schmierzettel mit der Überschrift »Im KZ«. Notizen von Ereignissen, die lange zurücklagen.
Nein, es ging nicht um die Nazi-Zeit – sondern um den Sommer 1964, der mir für alle Zeit den Appetit verdorben hatte. Ich war dreieinhalb und wurde nach Gachau in ein katholisches Kinderheim verschickt – »in die Ferien«, wie es hieß.
Gachau, das ist für mich zu Albträumen geronnene pure Angst. Ein Fahnenmeer vollgeschissener Unterhosen, ein Mix aus Hetzjagden, Ohrfeigen und Zwangsfütterung – warum taten Menschen einander so etwas an? Was trieb sie dazu, sich in Bestien zu verwandeln? Und was wurde aus Gachau? Im Internet hatte ich wenig darüber gefunden. Ob ich meine persönliche Folterstätte wiedererkennen würde? Tief genug eingegraben war sie ja – ein Gedanke an Gachau reichte, damit es sofort »Dachau« im Kopf machte.
Als sich hunderte Kinder in meiner Vorstellung zu Leichenbergen aufzutürmen begannen, blieb mir keine Wahl; ich schaltete den Fernseher aus (das Morgenmagazin hatte mich nun zweieinhalb Stunden zugequasselt), eine halbe Minute später lag Cotzbrocken auf den Plattenteller: »Ich weiß ’nen Platz, wo ich hingehör’ – KZ!«
Zu dieser Musik zu tanzen – auf so eine Idee wäre ich nie gekommen. Bewegungslos ließ ich das unmusikalischste und stumpfeste Punk-Gerumpel aller Zeiten über mich ergehen und träumte davon, warmes Nonnenblut zu trinken. Als Zombie, nicht als Graf Dracula.
Nach einer Weile ertrug ich den Stumpfsinn nicht länger und riß den Tonarm von der Scheibe, was diese mit einem empörten Quietscher kommentierte. Aber immerhin war ich wieder im Jetzt; bereit, den Kampf aufzunehmen.
Entscheidungen und Maßnahmen müssen her, damit Karl wieder auf die Füße kommt. In der nächsten Folge geht es aber zunächst einmal um Kneipen, Zigaretten und Bier: